Als nationales inter- und transdisziplinäres Netzwerk fördert das Forum das Wissen und den Diskurs über Landschaft und landschaftsverändernde Prozesse. Es setzt sich für nachhaltige Gestaltungs-, Entwicklungs- und Schutzkonzepte ein. Die Alpen sowie Pärke und Schutzgebiete bilden dabei Schwerpunkte des Forums.mehr

Bild: Naturmotive, stock-adobe.commehr

Lebensstil und Landschaft

Kernthema FoLAP Lebensstil und Landschaft
Bild: Hansjakob Fehr, 1kilo

Wie verändern Lebensstile und gesellschaftliche Trends Konsumgewohnheiten und beeinflussen dadurch die Entwicklung der Landschaft in der Schweiz und global? Dabei geht es zum Beispiel um Veränderungsprozesse und ihren Landschaftseinfluss bei der Ernährung, der Bekleidung oder im Reiseverhalten, aber auch um die Frage, ob nachhaltige Lebensstile ökonomische Chancen haben.


Unterschiedliche Lebensstile beeinflussen die Konsum- und Lebensgewohnheiten. So fördert etwa die Digitalisierung Lebensstile des dezentralen Wohnens und Arbeitens. Statt dass sich Berufstätige ein Domizil in der Nähe des Arbeitsplatzes aussuchen, können sie sich daher auch für ein Zuhause in einer weiter entfernten Gegend entscheiden, wo Bauland vergleichsweise günstig und die Mieten tief sind. Die Digitalisierung fördert damit dezentrales Wohnen. Aber auch was wir essen, welche Verkehrsmittel wir wählen, wie wir Ferien machen, uns erholen und ganz allgemein unseren Alltag gestalten, hinterlässt Spuren in der Landschaft.

Umgekehrt kann die Art, wie wir Landschaften erleben und wahrnehmen, auch unseren Lebensstil beeinflussen und somit auf diese zurückwirken. Lebensstile und vorherrschende Trends ziehen also gesellschaftliche Ansprüche an die Landschaft nach sich, die sich dadurch auch tatsächlich verändert. Dies kann sich in neuartigen Angeboten der Naherholung, Veränderungen in der Landwirtschaft oder Siedlungsstruktur, aber auch in der grossräumigen touristischen Nutzung von Feriendestinationen niederschlagen.

Der Klimawandel dürfte ebenfalls nicht folgenlos bleiben und etliche unserer täglichen Routinen wie auch unser Freizeitverhalten beeinflussen – und damit indirekt auch wieder die Landschaft prägen.

Über die Beziehungen zwischen Lebensstil und Landschaft lassen sich zwar gut begründete Spekulationen anstellen. Wissenschaftlich abgesicherte Fachkenntnisse gibt es indes erst wenige. Deshalb setzt das FoLAP dieses Kernthema weit oben auf die Prioritätenliste, um damit Forschung in Gang zu bringen.

Zusammen mit der Praxis will das FoLAP Wege aufzeigen, wie die Ansprüche und Wünsche der Bevölkerung in die künftige Landschaftsplanung und -nutzung einfliessen können. Solche Verhandlungen mit direkt Betroffenen sind wichtig. Bleiben sie aus, droht die Gefahr, dass sich Menschen zunehmend von ihrer Alltagslandschaft entfremden. Landschaften stünden dann je länger, je weniger in Bezug zu den Lebensstilen, oder sie trügen den öffentlichen und übergeordneten Interessen zu wenig Rechnung, sodass sie letztlich dem Grundsatz zuwiderliefen, wonach Landschaft ein Allgemeingut ist.

Angesichts der zahlreichen und teilweise gegenläufigen Trends, die sich momentan abzeichnen, wäre eine Zusammenstellung und Charakterisierung der gesellschaftlich relevanten Lebensstile von grossem Nutzen. In einem weiteren Schritt wäre sodann zu klären, welchen Einfluss die Trends auf die Landschaften der Schweiz (und anderer Weltgegenden) ausüben – und wie die Landschaftserfahrung wiederum auf den Lebensstil zurückwirkt.

Ebenso wäre es wichtig, die wirtschaftlichen Chancen und Risiken zu ergründen, welche die festgestellten Trends nach sich ziehen dürften. Zudem gilt es, die Merkmale herauszuarbeiten, die eine nachhaltige Landschaftsentwicklung kennzeichnen. Auch sollten diejenigen Lebensstile ermittelt werden, welche die nachhaltige Landschaftsentwicklung unterstützen.

Schliesslich wären Instrumente zu entwerfen und zu erproben, die zu einer Verständigung führen können, wenn voneinander abweichende Lebensstile und damit unterschiedliche Ansprüche an die Landschaft aufeinander treffen.

Wie sich Lebensstile und Landschaft gegenseitig beeinflussen, ist nicht nur von Bedeutung für die Planung, sondern auch für die Markt- und Wohnortsforschung, welche dem Thema eine erhebliche Bedeutung beimisst. Dieses steht auch im Fokus verschiedener Thinktanks und Universitätsinstitute, ohne dass eine dieser Institutionen eine Schlüsselposition in diesem Forschungsfeld in Anspruch nehmen könnte.

Verschiedene politische Geschäfte unterstreichen den Stellenwert, der einer Auseinandersetzung mit Lebensstilen und ihrem Einfluss auf die Landschaft zukommt. Zu nennen sind etwa die Revision des Raumplanungsgesetzes RPG 2, die Strategie Nachhaltige Entwicklung 2030 und weitere.

Das FoLAP unterstützt die Forschungsgemeinschaft, transdisziplinär – d.h. gemeinsam mit Wirtschaft, Politik und Praxis – den Einfluss der Lebensstile auf die Landschaft und deren nachhaltige Entwicklung zu erforschen. Dabei sollten auch Wege gefunden werden, um die Bevölkerung in die Debatte einzubeziehen. Das Landschaftskonzept 2020 des Bundes kann hierfür als Musterbeispiel dienen.

Autorenteam: Felix Kienast (WSL), Martina Brennecke (Amt für Raum und Verkehr, Kanton Zug), Norman Backhaus (UZH)

Projekte/Veranstaltungen

Anmerkungen: Das FoLAP identifizierte in den fünf Kernthemen (Landschaft und Gesundheit, Landschaftskultur, Lebensstile und Landschaft, Klimaschutz und Landschaft, Räumliche Beziehungen) den grössten Handlungsbedarf hinsichtlich einer nachhaltigen Landschaftsentwicklung. Zur Förderung des politischen Diskurs und des gesellschaftlichen Transformationsprozesses braucht es dabei neben dem Zusammentragen des bestehenden Wissens grössere zusätzliche Forschungsanstrengungen und eine Intensivierung des Dialogs zwischen Forschung und Praxis. Das FoLAP versteht die Kernthemen als Auftrag an sich und seine Community: Sie stehen damit auf der Agenda des FoLAP und sind eine Einladung an Institutionen und Akteure, sich ebenfalls in diesen Themengebieten aktiv zu engagieren. Mehr erfahren

Aktuelle politische Geschäfte und Fragestellungen hinsichtlich nachhaltiger Entwicklung, die relevant sind bei der Frage nach den Lebensstilen:

  • Gletscherinitiative / Energiewende / CO2-Gesetz
  • RPG 2
  • AP2022+
  • Sachplan Verkehr (Teilbereich Mobilität und Raum)
  • Strategie Nachhaltige Entwicklung 2030
  • Fridays for Future / Klimaneutralität 2050/ Green Deal EU /

Das Thema ist ökonomisch relevant, weil Lebensstil- und Konsummuster einen grossen Einfluss auf lokale und internationale wirtschaftliche Verknüpfungen und Unternehmen haben. Ausserdem können nachhaltige Lebensstile – wenn sie zum Mainstream werden – Anlass für die Generierung von Produkten mit positivem Einfluss auf die Wertschöpfung bieten. Gerade der Think tank "Schweiz" darf sich solche Gelegenheiten nicht entgehen lassen.

  • Welches sind die für die aktuelle CH-Landschaft relevanten Trends[1] bezüglich Lebensstil-Entwicklungen und gesellschaftlichen Transformationen? (Inventar der Trends)
  • Wie beeinflussen die aufgezeigten Trends und damit verbunden die Lebensstile die Landschaften in der Schweiz (und in anderen Weltgegenden)? Welche Beeinflussungen gibt es?
  • Umgekehrt und in enger Verknüpfung mit dem Thema Landschaftskultur: Wie prägt die Natur- und Landschaftserfahrung den Lebensstil?
  • Wodurch zeichnet sich eine nachhaltige Landschaftsentwicklung aus und welche aktuellen Trends und Lebensstile vermögen eine solche insbesondere zu unterstützen und zu fördern?
  • Welche ökonomischen Chancen und Risiken ergeben sich aus den Lebensstil-Entwicklungen und gesellschaftlichen Transformationen?
  • Wie gelingt eine Verständigung oder Einigung über eine nachhaltige Landschaftsentwicklung, wenn unterschiedliche Lebensstile aufeinandertreffen? Welche Instrumente (zu Sensibilisierung, Handlungswissen und Umsetzung) braucht es hierzu?

[1] Wir sind uns bewusst, dass sowohl regional, national und international sich entwickelnde Lebensstile und Trends die CH Landschaft beeinflussen, und natürlich die hiesigen Lebensstile auch die Landschaften weltweit (Stichwort: tele-coupling).

Auf Anfrage schicken wir Ihnen das vollständige Kernthemenpapier inkl. Quellenangaben. Die Kernthemenpapiere werden sporadisch ergänzt und bearbeitet.
Schreiben Sie uns auf folap@scnat.